Überspringen zu Hauptinhalt

Philip Julius

"Erzähl doch mal… Katja!"

Beratungsstelle
Pflege
Urlaub
Wohnen
Netzbrief
Spenden

Salome kam als (vermeintlich) gesundes Baby auf die Welt. Doch sie trank schlecht, nahm nicht zu und entwickelte sich auch sonst kaum wie Babies in ihrem Alter. Erst als sie plötzlich immer häufiger zu zucken anfing, nahmen die Ärzte die Signale ernst. Heute ist Salome 10 Jahre alt. Ihre Mutter Katja wünscht sich, dass in der Gesundheitspolitik endlich ein Umdenken stattfindet, damit Hilfen für Kinder wie Salome schneller greifen.
Die Rubrik „Erzähl doch mal…!“ erscheint monatlich auf unserer Homepage und stellt jeweils eine Familie mit einem besonderen Kind vor. Hier werden individuelle Geschichten erzählt und Wünsche und Ziele geteilt, die alle in erster Linie eines tun sollen, nämlich Mut machen.

PJeV: Wie sieht Deine Familie aus?
Katja: Wir sind eine fünfköpfige Familie, bestehen aus Mutter Katja (38), Vater Thomas (40), Salome (10), Elias (6) und Naemi (3). Salome ist schwerstmehrfachbehindert und hat Pflegegrad 5.
 
 
 
Wann und wie hast Du von der Behinderung Deines Kindes erfahren?
Wir haben eigentlich alles nur stückchenweise erfahren bzw. irgendwann selbst gemerkt. Salome galt bei der Geburt als gesund. Ich habe mich schon in den ersten Wochen gewundert, weil sie sehr schlecht trank und nicht zunahm. Es wurde allerdings zunächst alles von den Ärzten als „Startschwierigkeiten“ abgetan. Selbst als sie nach ein paar Monaten immer noch keine Anstalten machte den Kopf zu heben, sich auf den Bauch zu drehen und die typischen Entwicklungsschritte umzusetzen, hieß es, Salome sei halt etwas später als andere Babys. Wir sollten uns keine Sorgen machen. Erst als mit ca. einem halben Jahr diese Zuckungen anfingen wurden wir sofort ins SPZ der Kinderklinik geschickt. Es folgte eine lange Phase von Klinikaufenthalten und Untersuchungen. Fest stand bald, dass Salome eine komplexe Epilepsie hat. Es gab eine Reihe von Tests, aber bis auf eine auffällige Struktur in einem Bereich ihres Gehirns, gab und gibt es bis heute keine eindeutige Diagnose.
Inwiefern ist Dein Kind beeinträchtigt und wie gehst Du damit um?
Motorisch ist Salome sehr stark beeinträchtigt. Sie ist inzwischen 10 Jahre alt, befindet sich aber auf dem Entwicklungsstand eines Babys. Sie kann weder allein stehen noch sitzen, benötigt für alles Hilfsmittel und Unterstützung. Ihre Arme und Beine bewegt sie nur wenig zielgerichtet, so dass sie auch nicht selbst essen oder trinken kann. Koordination und Gleichgewicht sind kaum ausgeprägt. Salome rollt sich über den Boden und kann auch nach Spielsachen greifen, aber die Hände nicht feinmotorisch betätigen.
Am schlimmsten sind die epileptischen Anfälle. Salome hat viele verschiedene Formen von Anfällen. Wir haben auch mal Wochen einer relativen Ruhe mit nur wenigen, kleinen Anfällen und dann schlägt es in kürzester Zeit um. Nichts ist vorhersehbar oder planbar. Daran kann man sich nicht gewöhnen, auch wenn man eine gewise Routine bekommt. Die Hilflosigkeit nichts tun zu können, wenn das eigene Kinde so schlimme Krämpfe durchmachen muss, ist schwer zu ertragen.
Kognitiv ist Salome deutlich fitter. Hören und sehen kann sie ganz normal. Vermutet habe ich schon immer, dass unsere Tochter deutlich mehr versteht, als sie ausdrücken kann. Gewissheit darüber haben wir, seit sie begonnen hat, mit einem augengesteuerten Computer mit uns zu kommunizieren.

Salome (C) Katja Pehlke

Wie sieht Dein Alltag aus?
Unser Alltag ist mittlerweile recht gut getaktet und strukturiert. Mein Mann ist beruflich viel unterwegs – oft auch über mehrere Tage am Stück – deshalb kümmere ich mich um alles, was zu Hause anfällt.
Salome geht in eine Förderschule. Das macht ihr großen Spaß, da sie Gesellschaft liebt und die Angebote dort gern mitmacht.
Auch unsere anderen beiden Kinder gehen bei uns im Ort in die Kita bzw. Schule und sind ziemlich aktiv.
Schwierig wird es, wenn ich mit den Kindern allein bin. Es ist dann nicht möglich, ihnen nur annähernd gerecht zu werden. Zum Glück sind wir über einen Kinderintensivpflegedienst recht gut versorgt.
Was macht Dich im Alltag glücklich? Und welche Momente sind hingegen besonders schwer?
Salome ist ein Sonnenschein. Sie strahlt so viel Freunde und Liebenswürdigkeit aus und ist ein Mensch, den man einfach lieb haben muss.
Viele Eltern, die ein behindertes oder auch chronisch krankes Kind haben sagen, dass man lernt, die Welt mit anderen Augen zu betrachten. Und das stimmt auch. Es zählen nicht mehr die großen Zukunfts- oder Karrierepläne, sondern man lebt den Augenblick. Und das intensiv.
Salome kann sich nicht allein ausdrücken und nur wer sich mit ihr beschäftigt, lernt und weiß, was sie braucht und wie es ihr gerade geht.
Wenn ich sehe, wie sie sich freut und dann strahlt, bin ich zufrieden.
Aber hin und wieder erwische ich mich natürlich auch bei den Gedanken, dass alles ziemlich anstrengend und schwer mit einem Kind wie Salome ist.
Wenn ich andere Mädchen in ihrem Alter sehe, macht mich das traurig und ich denke daran, was sie alles nicht mitmachen und erleben kann. Aber wenn ich dann sehe, wie lieb und gleichzeitig selbstverständlich ihre Geschwister mit Salome umgehen, wieviel Rücksicht und Zuneigung sie ihr entgegenbringen, bin ich froh darüber, wie wir mit unserer gegebenen Familiensituation leben.
Wer betreut Dein Kind? Wie habt Ihr die Pflege organisiert?
Wir haben einen Kinderintensivpflegedienst, der uns viel bei Salomes Betreuung und Pflege hilft. Salome wird von einer Schwester beispielsweise in die Schule begleitet und kommt nachmittags mit ihr nach Hause. Dann haben wir eine kurze Zeit als Familie zu überbrücken, bis die Nachtschwester kommt. Am Wochenende übernehmen tagsüber meist wir Eltern die Betreuung. Wochenende ist Familienzeit.

Salome und „ihre“ Simone vom Pflegenest Gießen (C) Philip Julius e.V. / Stefan Mantel

Was bedeutet Urlaub für Euch?
Urlaub ist bei uns in den Hintergrund gerückt. Die Organisation eines Urlaubs mit Salome, ja, erst einmal überhaupt einen geeigneten Urlaubsort zu finden, war uns bislang zu stressig. So haben wir nur sporadisch mal einige Tage mit den beiden jüngeren Kindern Urlaub gemacht, während Salome mit ihren Pflegekräften bei uns zu Hause geblieben ist.
Vor ein paar Monaten sind wir das erste Mal alle zusammen in den Urlaub gefahren, mit Philip Julius zu der Familienfreizeit Atempause an den Chiemsee. Das war ein tolles Erlebnis und für uns auch wirklich entspannend, nicht zuletzt da zwei Pflegekräfte aus Salomes Pflegeteam mitfahren konnten. Wir wussten alle Kinder gut versorgt und haben viele schöne Momente gemeinsam genießen können.

Familie Pehlke auf der Atempause 2018 des Philip Julius e.V. (C) Katja Pehlke

Wenn Ihr als Familie gemeinsam Urlaub macht, wie plant Ihr?
Da mein Mann ohnehin viel beruflich unterwegs ist, genießt er oft einfach auch freie Zeit zu Hause. In den letzten Jahren haben wir jeweils immer mal kurze Trips mit Freunden gemacht, damit jeder mal „rauskommt“. Thomas geht dann gern mit seinen Freunden wandern. Ich habe mit einer Freundin die ein oder andere Städtetour gemacht.
Wie wir in Zukunft gemeinsam Urlaub machen, denn Elias und Naemi möchten das natürlich unbedingt, müsssen wir noch schauen.
Wo habt Ihr Euren schönsten Urlaub verlebt?
Mein schönstes Urlaubserlebnis ist schon einige Jahre her. Ich war mit einer Bekannten zu einer intensiven Reitwoche in Andalusien.
Welche Wünsche und Pläne habt Ihr für die Zukunft?
Einen unserer größten Pläne haben wir im vergangenen Jahr schon umgesetzt. Für uns stand behindertengerechter Wohnraum an oberster Stelle, damit Salome bei uns langfristig leben kann. Dieses Ziel haben wir mit einem – zumindest im EG – barrierefreien Hausbau geschafft.
Zukunftswünsche haben in erster Linie mit Salomes Wohlbefinden und ihrer Verorgung zu tun. Einen großen Wunsch, den ich für sie in näherer Zukunft habe, ist ein Therapiehund. Salome hat keinen eigenen Freundeskreis oder gar Hobbys, so wie ihre Geschwister. Ein Hund, der begleitet und hilft und der auch eine Art Freund sein kann, wäre sicher sehr schön – nicht nur für Salome.
Und ganz allgemein würde ich mir für alle Betroffenen wünschen, dass in der Gesundheitspolitik eine positive Wende pro Patient stattfindet und Menschen nicht länger unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden (müssen). Hilfe- und Unterstützungsleistungen müssen schneller und einfacher greifen.
Ihr habt auch Interesse, Euere Geschichte mit uns zu teilen? Dann freuen wir uns auf Euere Kontaktaufnahme unter info@philip-julius.de.

An den Anfang scrollen