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Philip Julius

Haus Atemzeit: ein Zuhause zwischen Klinik und Zuhause

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Die Atmosphäre im Haus Atemzeit im hessischen 9.000-Seelen-Ort Wölfersheim ist freundlich und hell. Die Wände sind frisch gestrichen und bemalt mit familienfreundlichen Motiven. Ein Baum, ein kleiner Junge mit bunten Luftballons. Im Flur steht noch ein Umzugskarton. Doch die ersten kleinen Gäste sind bereits eingezogen. Gemeinsam mit ihren Familien. Im Haus Atemzeit haben Sie einen geschützten Raum gefunden, in dem sie sich besser kennenlernen, sich einspielen können, bis der nächste große Schritt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ansteht: der Schritt in den Alltag zuhause.
Uns gegenüber sitzt Anett Wiese. Sie hat dieses Haus gegründet. Ruhe und Gelassenheit strahlt sie aus. Positive Energie. Sie ist getrieben von der bedingungslosen Hingabe an ihre Patienten. So zum Beispiel an Mehmet*. Er ist der Überlebende von Extrem-Frühchen-Zwillingen und kam in der 22. Schwangerschaftswoche zur Welt. Der kleine hält sich trotz seines schweren Starts ins Leben tapfer. Er wird jedoch aktuell beatmet und mit einer PEG-Sonde ernährt. Damit umzugehen muss seine Mutter erst lernen. Im Haus Atemzeit wird sie angeleitet. Sie lernt Sekret abzusaugen, Kanülen zu wechseln, zu sondieren unter der Anleitung von einer erfahrenen Kinderkrankenschwester. Das gibt Sicherheit.
Das Haus Atemzeit wurde gegründet als sogenannte Übergangseinrichtung. Damit trägt es zur Schließung einer Lücke bei, denn im gesamten Bundesgebiet gibt es bislang nur wenige solcher Einrichtungen. Aufgenommen werden können schwerstkranke oder mehrfach schwerstbehinderte Kinder, die einen langen Krankenhausaufenthalt hinter sich haben. Mit der Pflege zuhause fühlen sich ihre Eltern noch überfordert und der Bedarf an eine ambulante Anschlussversorgung muss erst noch definiert werden.

Im Haus Atemzeit können die Kinder zusammen mit mindestens einem Elternteil wohnen, sich vom Leben in der Klinik erholen und sich in ihrem eigenen Tempo auf Zuhause vorbereiten. Ein besonderes Anliegen von Anett Wiese, die zudem Geschäftsführerin eines Kinderpflegedienstes ist, ist es, dass sie starke Eltern nachhause entlässt. Sie sollen sich fit und befähigt fühlen, die Versorgung ihres Kindes dauerhaft zu stemmen und sie nicht vollständig beispielsweise an einen Pflegedienst zu delegieren. „Es treibt einen Keil in die Familie, wenn die Pflege zu schnell komplett abgegeben wird, auch wenn die Kassen die Kosten tragen.“, weiß Wiese. „Natürlich ist es richtig und wichtig, dass Eltern sich Entlastung suchen. Aber genauso wichtig ist es, dass sie ihr Kind annehmen lernen, wie es nun einmal ist. Und das geht nur, wenn sie auch lernen, richtig mit ihm umzugehen.“
Das Haus Atemzeit arbeitet mit allen Kliniken im Rhein-Main-Gebiet und in Mittelhessen zusammen. Neun Zimmer gibt es im Haus, die für Familien offen stehen, dazu einen großen Gemeinschaftsraum mit Küche. Nichts erinnert an eine Klinik. Alle Zimmer, die bereits in Betrieb sind, sind mit persönlichen Dingen der Bewohner geschmückt. In bunten Lettern prangen ihre Namen auf den Türen. Die Eltern sollen einen möglichst normalen Alltag erleben. Sie kochen und versorgen ihre Kinder selbst. Auch die Wäsche muss von ihnen gewaschen werden. Für Fragen und bei Unterstützungsbedarf steht ihnen 24 Stunden am Tag ein Pflegeteam zur Seite, das auch mal die ein oder andere Betreuungsschicht übernehmen kann, wenn die Eltern sich einfach mal ausruhen, einmal schlafen wollen.
Es besteht die Möglichkeit, dass, je nach individuellem Bedarf der Kinder, Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten und Frühförderung ins Haus kommen.
(Bei Interesse an einer Aufnahme wenden Sie sich bitte an: Nina Jäger, Geschäftsführung Haus Atemzeit, Kuhweg 6, 61200 Wölfersheim-Wohnbach, 0641/94888964, info@atemzeit.org, www.atemzeit.org)
* Name von der Redaktion geändert

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