In der Behindertenhilfe gibt es Reformprozesse: Es geht darum, behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben und Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Große, komplexe Heime mit über 1000 Betten, ab vom Schuss werden nicht mehr gebaut. Träger von Einrichtungen streben kleinere, ortsnahe Wohneinheiten an. Sozialhilfeträger bundesweit arbeiten an Modellen, die dezentrale, ambulante und individuelle Hilfe ermöglichen sollen, flexibel und unbürokratisch finanziert. Bisher gibt es diese Veränderungen aber nur als Ergänzung zum bestehenden Hilfesystem.
Pflege, Förderung und Fürsorge in den eigenen vier Wänden ist auch für schwerstbehinderte Menschen mit hohem und komplexem Unterstützungsbedarf möglich. Doch wer komplexe Behinderungen und umfangreichen Unterstützungsbedarf hat, hat meist Anspruch auf mehrere unterschiedliche Leistungen (aus Sozial- und Behindertenhilfe, dem Pflege- oder Gesundheitsbereich). Seine Angehörigen müssen sich deshalb mit den verschiedensten Leistungs- und Kostenträgern auseinandersetzen.
Individuelles, ambulantes Wohnen selten, doch in Heimen gibt es Wartelisten
Experten zufolge erwägen Leistungs- und Kostenträgern insbesondere für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf nur selten individuelle, ambulante Arrangements. Auch wenn zunehmend das Motto „ambulant vor stationär“ gilt, wird bei einem sehr hohen Hilfsbedarf recht selbstverständlich in der Behindertenhilfe von teilstationärer Tages- oder Nachtpflege oder vollstationärer Unterbringung ausgegangen, also einem Leben in einer Einrichtung. Infrage kommen entweder Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Pflege- und Fachpflegeeinrichtungen.
Wollen Eltern ihr Kinder mit hohem Hilfs- und Unterstützungsbedarf im Heim anmelden, werden sie dennoch auf Wartelisten verwiesen. Manche Kinder ziehen wieder bei den Eltern ein, wenn sie als Volljährige eine Kinder- und Jugendeinrichtung oder Schule verlassen müssen. Manchmal landen junge, behinderte Menschen im Altenheim. Im Fachjargon spricht man von Fehlbelegung. Die Datenlage hierzu und darüber, wo mehrfach schwerstbehinderte Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf tatsächlich leben, ist dünn.
Auch Informationen, umfangreiche und individuelle Beratung finden Angehörige nicht immer leicht. Wer Anspruch auf Pflegeleistungen hat (oder dessen Angehörige) kann beispielsweise in Pflegestützpunkten oder bei den Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTB) Auskunft erhalten, welche Wohnform vor Ort möglich oder welche Einrichtung geeignet ist. Nicht immer fühlen sich diese aber auch für junge, behinderte Menschen zuständig.
Eine Übersicht über Beratungsstellen rund um das Thema Wohnen haben wir hier zusammengestellt: